Von: Marc Brehme
Witzig und nachdenklich, laut und leise - aber immer authentisch
Eva Karl Faltermeiers Auftritt beim Großenseebach Herbst 2024
Sie habe sich sehr auf "Groß-seen-bach" gefreut, lies sie die mit 350 Zuschauern ausverkaufte Großenseebacher Mehrzweckhalle wissen, als sie dort am gestrigen Abend (26. Oktober 2024) die Bühne betrat. Noch mehrmals während ihres Auftrittes kokettierte die Regensburger Kabarettistin Eva Karl Faltermeier bewusst augenzwinkernd mit dem Namen des Ortes, in dem sie im Rahmen des 25. "Großenseebacher Herbst" gastierte.
Schnell wurde klar: die 41-Jährige aus der Oberpfalz beherrscht nicht nur ihren Heimatdialekt und auch einige andere zur Perfektion und die weiß sie auch ebenso geschickt einzusetzen - etwa als ihr eigener Simultanübersetzer. Denn Eva Karl Faltermeier schwätzt, wie ihr der Schnabel gewachsen ist und wenn sie einmal bewusst übers das Ziel hinausschießt, wenn sie etwa ein Gedicht in schnellsten "Nordbairisch/Rengschbuag'sch" herunter rattert, dass über nahezu jedem Kopf im Publikum die Fragezeichen aufleuchten, dann gibt es prompt eine "Übersetzung" auf Hochdeutsch - oder zumindest fränkisch - hinterher.
Eva Karl Faltermeiers Programm "Taxi. Uhr läuft." nimmt die Zuschauer auf eine spritzige und humorvolle Reise durch den Alltag einer modernen Mutter und Frau, die als Alleinerziehende und Berufstätige ihre ganz eigenen Herausforderungen meistert. Die Show ist eine authentische Mischung aus Comedy, persönlichem Storytelling und gesellschaftskritischen Einblicken. Faltermeier punktet dabei nicht nur mit ihrem charmanten Dialekt, sondern auch mit einer unverblümten Ehrlichkeit, die viele Momente des Alltags humorvoll auf den Punkt bringt. Auf politische Themen verzichtet sie bewusst; bis auf ein paar Erwähnungen von bayerischen Politikern oder hier und da mal einen Seitenhieb auf bundespolitischer Ebene.
Besonders beeindruckend ist, wie Faltermeier Themen wie den Balanceakt zwischen Arbeit und Kindererziehung, finanzielle Engpässe und die Anforderungen an eine moderne Frau mit einer bodenständigen und bissigen Art behandelt. Dabei nimmt sie kein Blatt vor den Mund und spielt gekonnt mit den Klischees des Landlebens und den Erwartungen, die an Frauen gestellt werden. Auch ihre Scheidung lässt sie bei den Geschichten über ihr Leben nicht aus. Durch ihre ganz eigene, besondere Erzählweise schaffte sie sofort eine Verbindung zum Publikum, das sich in vielen ihrer Anekdoten wiedererkennt. Ihre Geschichten, geprägt von scharfem Humor und manchmal auch von feiner Melancholie, sind erfrischend ehrlich und sprechen Alltagsprobleme an, die viele kennen.
Eingebettet sind all die kleinen Anekdoten und Erzählungen ihres Soloprogramms in eine Geschichte rund um eine Taxifahrt, die Faltermeier in Salzburg erlebt hätte. Damals wurde sie von einer redseligen Fahrzeuglenkerin mit E-Zigarette zum Hotel gefahren, so dass sie ihre Erzählungen teilweise daher im nachgespielten Dialog mit der Taxifahrerin wiedergibt. Statt mit zwei Stimmen zu reden, ist der Pfeifton der E-Zigarette für das Publikum jeweils das Zeichen, dass die Protagonistin im virtuellen Dialog wechselt.
Teilweise kritisch äußert sich die Künstlerin im Programm zur digitalen Welt. So bekommen etwa Eltern-Gruppen bei WhatsApp und andere Messenger-Dienste, aber auch soziale Netzwerke ihr Fett weg. Es sei schade, dass das menschliche Miteinander und zwischenmenschliche Beziehungen dadurch immer mehr leiden würden. Kein digital übermitteltes "Gute Besserung!" der Welt würde ein persönliches Erscheinen mit einer Umarmung jemals ersetzen können - im Gegenteil. Mit ihrer humorvoll-sarkastischen Art skizziert sie dem Publikum Menschen, die das ganze Jahr ihrer einen Urlaubwoche im exotischen Ausland entgegenfiebern und diese dann "Like"-erheischenden auf Instagram mit Dutzenden Hochglanz-Fotos medial regelrecht ausschlachten, während sie die restlichen 51 Wochen des Lebens nicht wirklich zu leben verstünden. Leben - mit echten, direkten Begegnungen und menschlichem Miteinander, das mehr Lebensqualität biete als es jeder solche Urlaub jemals könnte. Der langanhaltende Applaus im Saal (nicht nur) nach dieser Programmstelle zeigt, dass das Publikum die Meinung der Kabarettistin teilt, dass die Digitalisierung die Kommunikation auch zum Schlechten hin verändern kann.
Ähnlich wie bei anderen Künstlern, waren auch bei Eva Karl Faltermeier die Gäste im Publikum nicht vollständig "sicher" vor Interaktion mit der Künstlerin. In Großenseebach "erwischte" es mit Jürgen Jäkel den Ersten Bürgermeister der Gemeinde. Es geschah im Programmteil zur Entstehung von Namen in Dörfern, die mit der Zeit wegen häufig auftretender (Nach)Namen, Hochzeiten und Nachwuchs immer schwieriger wurden und nach anderen Unterscheidungsmerkmalen dürsteten. Nachdem der Bürgermeister am Waldrand wohnt und die zahlreichen Kiefern dort auch Pate für den Straßennamen standen, benannte die Kabarettistin das Gemeindeoberhaupt kurzerhand in den "Borken-Jürgen" um. Verwechslungen mit anderen Jürgens im Ort sind nun in Zukunft ausgeschlossen.
Auch ein klingelndes Handy in der Vorstellung (der Klassiker!) oder ein umgefallenes, klirrendes Glas baute Faltermeier umgehend ins Programm ein und bewies damit ein uns andere Mal ihre Schlagfertigkeit. Am Ende der mehr als zweieinhalbstündigen Veranstaltung stand die sympathische Künstlerin noch bereitwillig für Autogrammwünsche und Fotos bereit. Ein Angebot, das mehrere Dutzend Besucher auch gern annahmen.
Eva Karl Faltermeier bringt das Publikum in "Taxi. Uhr läuft." immer wieder zum Lachen, schafft es aber auch, nachdenkliche Momente einzubauen. Sie verpackt tiefgründige Beobachtungen über das Leben, den Mutterschaftsalltag, die gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen bis hin zu ernsten Themen wie Darmkrebsvorsorge in humorvolle Geschichten und schafft so eine Show, die weit mehr ist als nur Unterhaltung – sie ist ein Spiegel für viele alltägliche und oft unausgesprochene Herausforderungen.
Ihr Programm ist ein Muss für alle, die gern lachen, aber auch ein bisschen Nachdenken über das Leben nicht scheuen.